Die Ahnentafel

einen unnötigen „Fetzen“ Papier zum Angeben?

Sinn oder Unsinn?

Eine Ahnentafel gehört zu einem Rassehund wie der Personalausweis zu uns Menschen.

Wie oft hört man Rassehundeliebhaber sagen: “Papiere? Brauchen wir nicht, wir wollen ja gar nicht auf Ausstellungen oder züchten. Wir wollen unseren Rassehund doch nur zum Liebhaben und die Ahnentafel vergammelt doch sowieso in irgendeiner Schublade.“

Den meisten Hundeliebhabern, die mit Ausstellungen nichts am Hut haben, ist es völlig egal, ob die Vorfahren irgendwelche Titel besaßen. Leider glauben viele Käufer, dass es sich bei den Papieren von Rassehunden doch nur um eine reine Prestigefrage zum „Angeben“ handelt. Dies ist jedoch ein schwerer Irrtum, denn es zählen nicht die Titel in den Ahnentafeln, sondern ganz andere Dinge.

Wie sieht eine Ahnentafel aus?

Eine normale Ahnentafel ist in drei Bereiche aufgeteilt. Im obersten Bereich stehen die Daten des Hundes. Im mittleren Bereich sind dann die Daten der drei Generationen der Vorfahren zu finden. Ganz unten in der Ahnentafel sind der Züchter und der ausstellende Verein vermerkt. Die wichtigsten Informationen über den Rassehund, die im Kopfbereich stehen müssen, sind:

  • Name
  • Zwingername
  • Geschlecht
  • Geburtsdatum
  • Farbe
  • Rasse
  • Registrierungsnummer bzw. die Chip-Nr.

Welche Bedeutung hat eine Ahnentafel?

Die Bedeutung von Ahnentafel wird ziemlich oft unterschätzt. Abstammungspapiere zeigen eine lückenlose Reihe von Vorfahren auf und beweisen, dass der Hund reinrassig ist. Die Ahnen des Hundes wurden demnach alle von ausgebildeten Zuchtrichtern für zuchttauglich befunden, da sie dem Rassestandard entsprechen. Weiteres sind alle in der Ahnentafel vorkommenden Vorfahren, deren Züchter sich ebenso an Zuchtrichtlinien zu halten haben, bei einem Verein registriert.

Die Ahnentafel hilft Züchtern auch dabei, ihre Linien zu überschauen, was ihnen ermöglicht, gesunde Linien miteinander zu kombinieren und dabei nicht den Überblick zu verlieren.

Da wir es noch immer mit Geschöpfen der Natur zu tun haben, kann es trotz Zuchttauglichkeit passieren, dass versteckte Erbfehler erst nach Generationen auftreten und sich beim Nachwuchs zeigen. Mit Hilfe der Ahnentafel kann der Züchter leichter herausfinden, über welche Linien bestimmte Defekte vererbt werden konnten und dementsprechend handeln, indem er betroffene Tiere aus der Zucht nimmt bzw. weitere Züchter, welche mit Tieren aus diesen Linien züchten, darüber informiert. Wenn man mit Tieren ohne Papiere züchtet, weiß man nicht, ob Großmutter oder Onkel nicht an einer Erbkrankheit verstorben sind und diese sich bereits an die eigenen Tiere weitervererbt hat.

Eine Ahnentafel hilft ebenso dabei, den Verwandtschaftsgrad der Tiere untereinander unter Kontrolle zu halten. Man sieht ganz genau, wer mit wem auf welche Art und Weise verwandt ist und kann so den Inzuchtwert unter Kontrolle halten.

Warum gibt es Leute, die „Rassehunde“ ohne Papiere verkaufen?

Leider gibt es viele Vermehrer (ich nenne sie bewusst nicht Züchter), die ihre „Rassehunde“ ohne Ahnentafel verkaufen und das meist für scheinbar weniger Geld. Der Käufer meint, ein Schnäppchen gefunden zu haben, denn die vermeintlichen Elterntiere sind zu besichtigen und scheinen auch gesund zu sein. Da kann man dann schon leicht in Versuchung kommen, sich auf den Kauf eines Hundes ohne Ahnentafel einzulassen.

Doch eigentlich müsste es ja einen Grund dafür geben, dass diese Leute in keinem Verein sind und sich nicht an bestimmte Zuchtregeln halten wollen. Die gängigste Ausrede dieser Leute ist meist, dass sie deshalb keinem Verein angehören, da sie ihre Tiere sonst auf Ausstellungen zeigen müssen. Dies ist übrigens nicht ganz richtig, das Tier muss auf Ausstellungen bestimmte Wertnoten erreichen, damit es überhaupt erst mal zur Zucht zugelassen wird. Danach unterliegen Mitglieder nicht weiter der Ausstellungspflicht. Diese zwei Wertnoten bei einer Ausstellung sollen lediglich dazu dienen, das der Hund für zuchttauglich erklärt wird und dem Rassestandard entspricht, damit nur gesunde und wesenfeste Hunde in die Zucht eingeführt werden.

Denn wenn alles richtig laufen würde, wäre eine kontrollierte Vereinszucht ja kein Problem. Zumal die Vereinszugehörigkeit im Schnitt nur ca. € 50,- im Jahr je nach Verein und der Stammbaum eines Nachkömmlings ca. € 35,- kostet. 

Eher trifft es zu, dass die Verkäufer ohne Vereinszugehörigkeit ihre Hündin bei jeder Läufigkeit decken lassen (die Hündin wird zur Wurfmaschine und hat keine Erholungsphasen zwischen den Würfen) und die Welpen werden ungeimpft bzw. viel zu früh von der Mutter getrennt, um sie dann für einen nicht gerechtfertigten Preis an ahnungslose Käufer zu verscherbeln. Die Elterntiere sind meistens selbst nicht reinrassig, sondern sehen dem vermeintlichen Rassehund nur ähnlich oder aber der „Züchter“ vermehrt mit Rassehunden, welche er selbst von einem Züchter gekauft, jedoch keine Zuchterlaubnis erhalten hat (er handelt vertragswidrig, wenn er mit Liebhabertieren züchtet).

Leider gibt es auch Züchter, die zwar in einem Verein gemeldet sind, aber nur einen Teil ihrer Würfe registrieren lassen, um mehr Welpen „produzieren“ und verkaufen zu können. Meist ist dies der Fall, wenn der Züchter Ihnen einen Hundewelpen ohne Ahnentafel und somit „billiger“ anbietet. Es gibt natürlich auch weitere Gründe, wieso ein Züchter versuchen könnte, Ihnen einen Hundewelpen ohne Ahnentafel unterzujubeln. z. B. sind die Welpen zu eng miteinander verwandt, so dass man für sie keine Ahnentafel bekäme (es könnte dem Züchter ein Hoppla-Wurf zwischen Schwester und Bruder oder Mutter und Sohn passiert sein) und deswegen bietet der Verkäufer sie „großzügigerweise“ billiger und ohne Papiere an.

Sie sehen also, eine Ahnentafel gibt auch dem Käufer wichtige Informationen und eine bestimmte Sicherheit, ob bestimmte Dinge ihre Ordnung haben. Bedenken Sie, erst durch die Ahnentafel wird die einwandfreie Herkunft des Hundewelpens beglaubigt und Sie erhalten den Nachweis, dass es sich um einen Rassehund handelt.

Hunde reinrassig ohne Ahnentafel? Wer kann das wissen? Ohne Ahnentafel keine Kontrolle! Und auch ohne Ahnentafel kein reinrassiger Hund! Nur Hunde mit Ahnentafel sind nachweislich reinrassig! Alles andere gilt im Grunde als ganz normaler „Mischling“!

Trotzdem halten Sie sich bitte immer vor Augen:

Ahnentafeln können niemals eine Garantie dafür sein, dass ein Rassetier ewig gesund bleibt! Es handelt sich immer noch um Lebewesen, welche sich den Launen der Natur unterwerfen müssen.

Niemand kann in ein Tier hineinschauen – egal, ob mit oder ohne Ahnentafel – jedoch sollte gewährleistet sein, dass das Jungtier aus einer kontrollierten Zucht stammt, seine Elterntiere nachweislich gesund sind, dem Rassestandard entsprechen und nicht ausgebeutet wurden!

Ahnentafeln werden jedoch nicht nur von Zuchtverbänden ausgestellt, Verkäufer von Welpen stellen diese auch selbst aus. Derartige Ahnentafeln korrespondieren mit keinem Zuchtbuch und werden von keinem Zuchtverband anerkannt. In der Regel haben sie auch keine Aussagekraft bezüglich der Reinzucht der Hunde, für die sie ausgestellt sind.

Sollte Ihnen das alles trotzdem nichts wert sein und sie lieber ein „Schnäppchen“ von irgendeinem unseriösen Züchter haben wollen, möchte ich Ihnen gerne nochmal dieses Sprichwort eines englischen Sozialreformers ans Herz legen, damit Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdenken:

“Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgendjemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden gerechte Beute solcher Machenschaften.

Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“

Zitat aus: Carlpeter Braegger u. a., John Ruskin. Werk und Wirkung, Berlin 2002